Mit unserer Aktion "Wir geben ME/CFS ein Gesicht" wollten wir die zu ihrer jährlichen Hauptversammlung zusammengekommenen Ärztefunktionäre aus ganz Deutschland erreichen und unsere Forderungen kundtun.
Wir hatten zwei große, 1x4m große Banner mit Fotos von Betroffenen dabei, ebenso wie 12 Plakatwände mit unseren Forderungen und kurzen Statements. Das Ziel der Aktion war, die durch ME/CFS für die Gesellschaft, Medien und Politik "unsichtbar" gewordenen Menschen wieder sichtbar und auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.
Unsere 12-seitige Informationsmappe mit einem Überblick zum Krankheitsbild, seiner Geschichte und seinen Auswirkungen hatten wir drucken lassen, um sie an interessierte Ärzte zu verteilen.
Kurz vor der Aktion hatten wir einen offenen Brief an Frau Bundeskanzlerin Merkel, Frau Bundesministerin Schavan und Herrn Bundesminister Rösler sowie zahlreiche andere Politiker und Medien geschickt. Eine entsprechende Pressemitteilung ging an zahlreiche Medien.
Unübersehbar für alle Teilnehmer des Ärztetages: Wir geben ME/CFS ein Gesicht.
Dieses Foto wurde vom Kongresszentrum aus aufgenommen und zeigt in etwa die Perspektive, aus der man uns sehen musste.
Zwischen dem Kongresszentrum in Dresden und dem daneben liegenden Hotel Maritim befindet sich ein riesiger, leerer Platz, auf dem wir jedoch nicht stehen durften, weil unsere Aktion mit den Bannern und Plakaten demonstrativen Charakter hatte und deshalb unerwünscht war. Der Ärztetag hatte von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und uns auch verboten, unser Infomaterial vor oder gar im Gebäude zu verteilen. Dieses Verbot bezog sich auch auf das Hotel Maritim, in dem die Ärzte residierten. Deshalb hatten wir auf der dreieckigen Verkehrsinsel direkt gegenüber dem Kongresszentrum einen Stand angemeldet - und genehmigt bekommen.
Dieser Platz erwies sich letztlich als viel besser, da wir von den Tagungs- und Aufenthaltsräumen aus gut gesehen werden konnten. Das versicherte uns ein Fotograf, der in das Gebäude hinein durfte. Und er sagte uns auch mit einem Lächeln der Sympathie auf dem Gesicht, wir könnten sicher sein, dass man über uns sprechen würde!
Auch für die vorbeifahrenden Autofahrer waren wir gut sichtbar, und der ein oder andere verlangsamte deutlich seine Geschwindigkeit, um genauer hinzusehen.
Allerdings warteten wir vergeblich auf die Teilnehmer des Ärztetages - im Verlauf unserer vierstündigen Aktion kamen nicht einmal eine Handvoll an den Stand.
Wir versuchten, die Teilnehmer anzusprechen, wenn sie in der Nähe oder auf der gegenüberliegenden Seite vorbeiliefen und dem Outfit nach "dazuzugehören" schienen.
Einer der so angesprochenen lehnte das angebotene Infomaterial mit der zynischen Bemerkung ab: "Wir sind zu müde."
Als wir später eine Gruppe Ärzte ansprachen, die beim Mittagessen saßen, und sie einluden, sich an unserem Stand Infomaterial zu holen, offenbarte einer ganz freimütig, woher solcherlei zynische Bemerkungen kommen: sie würden in Seminaren lernen, wie sie mit solchen Sprüchen die Patienten abwimmeln könnten.
Eine bettlägerige Teilnehmerin der Aktion kam mit dem Krankentransport, um auf ihre verzweifelte Lage hinzuweisen.
Für andere war selbst das Sitzen irgendwann zu anstrengend, aber man konnte ja auch im Liegen "demonstrieren".
Auch wenn wir am Ende der Aktion fast das gesamte Informationsmaterial wieder einpacken mussten, kann man die "Demonstration" als erfolgreich betrachten: man sprach über uns und wir waren unübersehbar. Wir haben ME/CFS ein Gesicht gegeben, und das war mit Sicherheit erst der Anfang. Wir haben hier nur "geübt" - für weitere Aktionen dieser Art.
Am Ende gab es einen Dialog, der uns alle sehr hoffnungsfroh gestimmt hat. Einer unserer Mitstreiter beschreibt ihn so:
"Am meisten hat mich der Auftritt des Kinderarztes bei unserem Abbau beeindruckt, der zunächst im Vorbeigehen unsere Broschüre nicht haben wollte und abgewinkt hat. Dass er am Schluss zu uns kam, sich in aller Form für sein Verhalten entschuldigt hat und seine Hochachtung und seinen Respekt ausgedrückt hat, nachdem er die Broschüre trotzdem ausführlich gelesen hatte, zeigt, dass es Ärzte mit Charakter und Format gibt, auch wenn viele einen großen Bogen um uns gemacht haben. Mich hat das sehr angerührt und wir sollten das (...) nicht vergessen."
Ein großes Dankeschön gilt allen Spendern, die mit ihrem Geld den Erwerb des Materials und damit diese Aktion erst möglich gemacht haben.